2011 - Wat d'Mécken denken

von Jean Paul Maes  Steinforter Festival 2011

(Inszenierung und Bühnenbild)

 

„Mir dréinen eis am Krees hei!“

François Besch (tageblatt.lu)

 

STEINFORT - 20 Jahre alt wird das "Stengeforter Festival" in diesem Jahr. Zum Jubiläum haben die Verantwortlichen ein Stück von Festival-Gründer Jean-Paul Maes ausgesucht: "Wat d'Mécken denken". Eine hervorragende Wahl!

 

"Renato, Renato, Renato ..." Der 60er-Jahre-Erfolgsschlager der Italienerin Mina spielt eine nicht unwesentliche Nebenrolle in Maes' Stück. Schließlich stammt der Ohrwurm aus dem Film "Appuntamento in Riviera".

 

"Klärendes Gespräch"

 

Auch in "Wat d'Mécken denken" planen Hausfrau und Hobby-Keramikkünstlerin Beatrice (Mady Durrer) und Selfmade-Man und Immobilienmakler Pascal (Jean-Paul Raths), sich Rendezvous auf einer Insel in südlichen Gefilden zu geben, um dort einige Wochen der Zweisamkeit zu verbringen. Doch von dieser Idee ist Grundschullehrer Romain (Jean-Paul Maes), der Gatte von Beatrice, nun aber gar nicht begeistert. Er erfährt von den Reiseplänen der jung Verliebten erst anlässlich eines gemeinsamen Abendessens, zu dem das Ehepaar, das sich im Laufe der Jahre auseinandergelebt hat, den "Neuen" einlädt. Zu einem "klärenden Gespräch".

 

Diesem darf das Publikum beiwohnen. Kurz bevor Pascal kommt, verfängt sich Beatrice mit den Haaren in einem der klebrigen Fliegenfänger, die ihr Mann im ganzen Haus aufgehängt hat. Die Fliegen und ihre Welt ziehen sich wie ein roter Faden durch das Stück, dem es ebenso wenig an Humor mangelt wie an Spannung. Wie im Flug vergeht die Zeit, wenn die drei sich Lügen und Wahrheiten an den Kopf werfen.

 

Je später der Abend, desto heftiger werden die Auseinandersetzungen. Wein und Cognac lösen, vor allem bei Romain, die Zunge.

 

Alles stimmt

 

Bei "Wat d'Mécken denken" stimmt einfach alles: Das beginnt schon beim einfachen, aber aussagekräftigen und leicht wandelbaren Bühnenbild (Eva Paulin, die ebenfalls Regie führte), das das Element des Kreises aufgreift. Und in einem solchen (Teufels-)Kreis befinden sich ebenfalls Beatrice und Romain.

 

"Mir dréinen eis am Krees hei!", platzt es denn auch zu einem gegebenen Moment aus Beatrice, die hervorragend von Mady Durrer gespielt wird. Auch Jean-Paul Raths überzeugt vollauf als Pascal. Am besten gefiel uns aber Jean-Paul Maes, der sich als Autor die Rolle des Romain perfekt auf den eigenen Leib geschrieben hat. Neben den herausragenden schauspielerischen Leistungen besticht das Stück vor allem durch die kurzen, knappen Dialoge, mit oft messerscharfen Pointen.

 

Ein Genuss!

 

+++

 

 

Le voile des illusions

Josée Zeimes (lejeudi.lu)

 

Les incontournables du Festival de théâtre de Steinfort, Jean-Paul Maes, auteur et comédien, et Eva Paulin, metteuse en scène et scénographe, donnent une variante intéressante du triangle relationnel, la femme, le mari et l'amant.

 

Un couple attend un ami pour le dîner. La table est installée sur un tapis blanc cassé circulaire, une allusion de la scénographe Eva Paulin au fait que Béatrice et Romain tournent en rond, sans perspective pour leur vie en commun. Ce qui frappe dans la conception du décor, c'est une sorte de cabine mobile – abritant une cuisine derrière laquelle se dresse un arbuste du jardin – munie de volets qui se lèvent, s'entrouvrent ou se ferment d'après le choix de celui qui apparaît, observe ou se cache.

L'arrivée de Pascal – Jean-Paul Raths en personnage discret qui voudrait surprendre par ses projets d'entrepreneur prometteur –, l'amant, qui est aussi un copain d'école de Romain, déclenche le sourire de Béatrice et la jalousie du mari, qui voudrait garder sa femme auprès de lui, alors qu'elle désire le quitter et refaire sa vie avec l'amant. Pour Béatrice, c'est enfin le moment de parler.

La femme – rôle interprété de façon nuancée par Mady Durrer – a l'impression d'avoir sacrifié sa vie à son mari, un instituteur qui rêve de dépasser son statut, il travaille depuis des années à un livre. Sa femme aimerait être reconnue comme artiste: elle fait de la céramique. Leur fils adulte, qui ne se montre pas et que ses parents cachent aux regards indiscrets, vit toujours avec eux. Les deux hommes restent au statu quo, la femme projette de changer sa vie avec l'aide de son amant.

 

Finesses du jeu

 

Pendant le dîner, Romain – Jean-Paul Maes donne une belle texture à son personnage, un petit revanchard qui se libère de son venin –, piqué au vif, passe à l'attaque: il ridiculise sa femme, agresse par ses révélations déplacées son ancien camarade. Tout ce dont on n'a jamais parlé éclate avec véhémence, ce d'autant plus que l'alcool délie les langues et libère les inhibitions. Béatrice défend sa cause, Pascal essaie de limiter les dégâts, mais Romain, diabolique, mène à terme son plan de démasquer son rival et de ruiner les projets des amants.

Wat d'Mécken denken («Ce que pensent les mouches») montre des hommes qui mènent une existence médiocre qu'ils aimeraient transformer, mais les moyens efficaces leur manquent, leurs projets sont des mirages qu'ils nourrissent de leurs espoirs et qui les font vivre jusqu'à ce qu'un miroir – l'autre – les renvoie à eux-mêmes et à la réalité.

Le château de cartes, un édifice fragile, s'effondre. La pièce est truffée d'allusions aux mouches, Romain est obsédé par ces insectes qu'il essaie d'éliminer, qui symbolisent la décomposition et auxquels il s'identifie peu à peu.

Ce qui distingue cette pièce qui montre la désagrégation d'un couple face à un amant qui semble signifier une issue pour la vie relationnelle de la femme, c'est que dans Wat d'Mécken denken il y a finalement trois perdants, trois hommes immobilisés dans la déception et la peur du futur. Les accents comiques du début se figent pour ouvrir la voie à la solitude pesante.

Le spectacle, axé surtout sur les dialogues, précis et pertinents, qui dévoilent le cheminement intérieur, émotionnel, des protagonistes, est un défi pour la metteuse en scène Eva Paulin, dont le travail consiste à capter l'attention du public en accentuant certains moments clés, en faisant échouer les répliques sur des silences significatifs et en guidant les comédiens à créer sur scène des personnages vrais, empêtrés dans leurs conflits.

 

+++

 

Der besiegte Gewinner

Pia Burggraff (Letzebuerger Journal)

 

„Wat d Mecken denken“  lautet der  Titel eines  Theaterstücks von Jean-Paul Maes, das am Donnerstag in Steinfort Premiere feierte. Es ist ein sehr intensives, gekonnt strukturiertes und orchestriertes  Dreimannstück, eine Art „ Huis Clos “ auf der Bühne, an Jean-Paul  Sartre - oder Tennessee Williams-Theaterstücke  erinnernd.

Drei Menschen begegnen sich an einem schwülen Sommerabend. Es sind dies reife, gestandene Bürger, die glauben ihr Leben im Griff zu haben, ein Leben, das vor diesem verhängnisvollen Abend geordnet erschien. Drei  Schauspieler agieren auf der Bühne: Eine Frau und zwei Männer: die Ehefrau  (gespielt von Mady Durrer)  -der Ehemann (Jean-Paul Maes) und der neue Liebhaber der Frau (Jean Paul Raths).

Eigentlich hat das neue Paar  diesen Abend  fürsorglich geplant, um dem Ehemann  das Ende der Beziehung  schonungsvoll  anzukündigen.

Das Bühnenbild wirkt einfach, - ein grosser  Tisch, an dem man  zusammen speisen will, eine Art Kleiderkammer, die wohl symbolisch das Schlafzimmer  darstellt  -im Hintergrund minimalistisch -stilisierte Gartenlandschaft, auf eine runde Grasfläche an der Wand reduziert.

 

Ungewöhnliches Duell zwischen ungleichen Nebenbuhlern.

 

Das geplante Essen  unter  Freunden, die sich weltoffen geben wollen, wird zum Schlagabtausch zwischen zwei Nebenbuhlern. Die beiden Männer  kennen sich  bereits  aus der Kindheit und  sollen nun die Frau tauschen oder  teilen .Unter Alkoholeinfluss entwickelt sich ein  Kampf zwischen zwei ungleichen Kontrahenten. Archaisch-aggressiv wirkt der verletzte Ehemann. Höflich und  zurückhaltend der Liebhaber. Ein Verlierer  scheint also bei diesem Dreierabend  vorprogrammiert zu sein.

 

Beklemmend ist das Theaterstück, sehr beklemmend und doch darf der Zuschauer etliche Male herzhaft lachen.

 

An der Decke der Wohnung baumeln Mückenfänger, wie sie früher oft in Wohnküchen hingen. Klebrige Mückenfallen, an denen „die Biester“ sich dann zu Tode strampeln, falls sie sich vom betörenden Duft anlocken lassen.

Am Theaterstück  fasziniert  dass es Jean-Paul Maes, dem Autor  gelingt, ein Stück luxemburgischen Alltag einzufangen und dies in seiner ureigenen typischen Sprache, die mal karg und verhalten ist, mal  derb und schroff- verletzend. Der betrunkene Ehemann verliert sich in inneren  Monologen  und rutscht immer tiefer  in Selbstmitleid und Hass ab. Auch er fühlt sich gefangen wie eine Mücke in der klebrigen Falle, in aussichtsloser Lage. Von einem strengen Übervater geprägt  kann er seine erlittenen Kindheitsverletzungen nicht vergessen  und reagiert diese unzensiert auf seinem sensiblen Nebenbuhler ab. Der  Zuschauer wird konfrontiert mit sadistischen Erziehungsmethoden, die im kleinen Luxemburg vor zig Jahren zum Schulalltag gehörten und ganze Biografien fürs Leben störten.

Jean-Paul Maes überzeugt  als Schauspieler. Seine spielerische  Palette ist breit. Mal tänzelt er versonnen , vom Alkohol berauscht und angesäuselt auf der Bühne, mal ist sein Gesicht hassverzerrt und rasend, mal schaut er ironisch in die Runde, selbstsicher andeutend, dass bestimmte luxemburgische Männer doch nun wirklich Machos  sind. Macho-Männer, die in ihrer Kindheit durch zu strenge  Erziehungsmuster geprägt wurden.

 

Die Ehefrau, überzeugend von Mady Durrer gespielt, wirkt verträumt- romantisch, dann wiederum traurig-melancholisch.  Sie, die ein erträumtes, besseres  Leben mit dem Lover  beginnen will, - wird zum eigentlichen Opfer dieses ungleichen  Männerduells. Gefangen in ihrem langweiligen Leben, zwischen Freizeitpoterie und  Ehemann strampelt  auch diese Frau,  wie eine gefangene Mücke in der klebrigen Falle. Sie scheint nicht zu begreifen, dass sie  es ist, die geopfert werden soll, nur damit beide Männer ihr Gesicht wahren können.

 

Ein sehr böses Spiel entwickelt  sich auf der Bühne  und  Jean-Paul Maes hat viel Mut  solch feiste Männerbilder  zu zeichnen. Feigheit und Besitzgier kennzeichnen die beiden Hauptprotagonisten. Was schert sie die Mücke, hier die Frau, soll sie doch zappeln und ihr armseliges Leben  in der angelegten Falle beenden. Aber der  betrogene Ehemann ist doch selbst Opfer, und dies dämmert ihm langsam in seinem Alkoholrausch. Er war in seiner Kindheit Zeuge von erzieherischer Gewalt und diesen Sadismus hat er nie aufgearbeitet. Also verletzt und erniedrigt er weiter, ohne an die Konsequenzen seines Handelns zu denken und die durch den Liebhaber aufgeblühte Frau  in Freiheit weiterziehen zu lassen.

Dank der subtilen Regie von Eva Paulin wird die Dramatik des Stücks immer wieder durch italienische Schlagersongs unterbrochen…durch Momente, wo dank dieser Musik, eine gewisse kitschige Harmonie aufkommt, so als spiele sich überhaupt kein Drama auf der Bühne ab.

 

Sehr subtil auch das Ende des Theaterstücks.

 

Jean-Paul Raths spielt den sensiblen  Liebhaber der gutgläubigen, naiven  Ehefrau. Mit Brille auf der Stirn, modisch aufgepeppt und  auf jung getrimmt, tritt er auf die Bühne. Den obligaten, romantischen Blumenstrauss trägt er in der Hand, um die Dame des Haus des Hauses zu beglücken. Zurückhaltend  spielt er  seine Rolle,  wie sie Autor  Maes vorgezeichnet hat.

Das Publikum antwortete mit begeistertem Applaus  auf die Premiere-Darbietung. Ein wohlverdienter Applaus mit Bravorufen.  Ein meist sehr junges Publikum war im Theatersaal „Al Schmelz “ und es scheint als habe Maes den Nerv  der Zeit getroffen. Seine Analyse männlicher Verhaltensmuster  scheint dem Publikum zu gefallen. Sein Blick auf die Frau und ihre Opferhaltung wirkt  gelungen.

 

Ein moderner Autor, der subtil menschliche Psyche analysiert.

 

„Wat d Mecken denken“, ein Theaterstück, das Freunde von moderner  Beziehungsdramatik sich  unbedingt  ansehen sollten. Jean-Paul Maes ist ein überzeugender Stückeschreiber  und setzt die Tradition von Pol Greisch fort, sich mit einheimischer Wirklichkeit auseinander zu setzen .Maes setzt jedoch eine andere Brille auf als Greisch. Aus der Sicht einer neuen  Generation von Autoren benutzt er eine sehr deftige Sprache, die manchmal  expressionistisch bis naturalistisch wirkt. Ich habe auch an Gerhart Hauptmanns Novelle vom Bahnwächter Thiel denken müssen oder ans  Woyzeck-Fragment  von Georg  Büchner. Auch hier sind Männer ihrem Frust  und der Tragik ausgeliefert, dass die Frau sie verlässt, um einem  anderen Liebhaber zu folgen.  Beide Dramen  von Hauptmann und Büchner  enden jedoch anders als hier bei Jean-Paul Maes um 21.Jahrhundert.

 

In seinen Theaterstücken  durchforscht  der Autor Maes  sehr  genau  die menschliche Psyche und ihre Abgründe: Hass, Eifersucht, Rachsucht, Frust, verpfuschtes  Leben  und  dann gewinnen seine Protagonisten  an Universalität in der Aussage. Die Analyse der menschlichen Psyche wirkt jedoch beim Autor Maes sehr modern. Freud, Lacan und  andere Analytiker  haben ihre Spuren hinterlassen. Gott sei Dank.

vita

projekte

informationen