vita

projekte

informationen

1995 - D 'Villa Fina

von André Duchscher, 5. Stengeforter Festival

(Inszenierung und Bühnenbild)

 

"D'Villa Fina" in Steinfort

Eine rasante Farce

 

Seit vier Jahren schon macht sich das Steinforter Theaterfestival unter dem Impuls von Jean-Paul Maes und Eva Paulin zur Aufgabe, alte Luxemburger Theaterklassiker frisch aufzubereiten und in einer in unserer Zeit akzeptablen Form zu inszenieren.

 

Eine leichte Aufgabe ist dies bestimmt nicht. Vor 90 oder 100 Jahren existierte eine ganz andere Form der theatralischen Darstellung, wurde vielleicht mehr auf deftige Ausdrucksform denn auf subtile Textfeinheiten gesetzt. So ein - meist auch noch abendfüllendes - Stück heute verdaulich zu servieren, erfordert eine ganze Menge Mut, um überflüssige Passagen wegzulassen, um mit modernen Mitteln der Regie dem ganzen Schwung zu verpassen.

 

Wenn André Duchscher vor gut 90 Jahren seiner Zeit einen Spiegel vorhalten wollte, dann zeigte er hier eine Problematik auf, die auch heute noch aktuell ist, nämlich die Hypokrisie der sogenannten "Neureichen", die Scheinwelt, in der die leben, die "mat de groussen Hénn wëlle pisse goen, awer d'Been nët an d'Luucht kréien".

 

Radikale Schlankheitskur

Die Regisseurin Eva Paulin hat Duchschers über dreistündigem Stück "d'Villa Fina" eine radikale Abmagerungskur verpaßt. Auf eine Stunde und zwanzig Minuten wurde zusammengestrichen, sogar wurde eine Reihe von Rollen ganz einfach ersatzlos gestrichen. Zudem verpaßte die Regie dem verbleibenden Text eine so große Rasanz, daß eigentlich eine Slapstickkomödie bleibt. Ist man sich dieser Arbeit bewußt, so muß man der Inszenierung die Bestnote zuerkennen. Erwartet man sich allerdings eine volkstümliche Burleske, dann verläßt man die Vorstellung wahrscheinlich enttäuscht.

 

Homogene Besetzung

Was die Besetzung anbelangt, so verstehen es die Akteure fast ohne Ausnahme, das Regiekonzept umzusetzen. Ohne jemanden besonders herausstreichen zu wollen, muß man trotzdem Claudine Thill für ihre herrlich karikierte Darstellung der Dienstmagd Ketty sowie den quirligen Max Putz in der Hauptrolle des Jampir Krawall erwähnen, die vielleicht am besten die Dosierung des Slapstickelements fanden, während Jean-Paul Maes mit Momenten vielleicht etwas zu dick auftrug (Betrunkenenszene).

 

Alles in allem muß man aber von einer gelungenen Produktion sprechen, die beweist, daß in Ermangelung zeitgenössischer Stücke auch sogenannte Klassiker durchaus aufführbar sind, vorausgesetzt, man unterzieht sie einer intensiven Bearbeitung.