1997 - Rekes III

von André Duchscher, 6. Stengeforter Festival

(Inszenierung und Bühnenbild)

 

"Rekes III." beim "6. Stengeforter Festival"

Sozialkritischer Schwank

jls

 

Um einen borniert-reaktionären Dorfbürgermeister geht es in "Rekes III." von André Duchscher. Eva Paulin inszenierte das sozialkritische Stück mit Jean-Paul Maes in der Titelrolle.

 

Bauer Rekes ist ebenso ungebildet wie intolerant. Was ihn nicht daran hindert, wie schon sein Großvater und Vater vor ihm, als Bürgermeister in der Art eines mittelalterlichen Feudalherrn zu herrschen, allen Neuerungen trotzend. Fabriken und Schulen sind ein rotes Tuch für ihn, eine Gefahr für die bäuerlich-ständische Gesellschaft, die es aufs schärfste zu bekämpfen gilt. In dem jungen Liberalen Felix findet Rekes endlich einen Widersacher, an dem er sich die Zähne ausbeißt.

 

Industrieller und Schriftsteller

Theaterautor André Duchscher (1840-1911) kannte die Zustände, die er in seinem Stück "Rekes III." beschreibt, aus eigener Erfahrung. Als fortschrittlich gesinnter Fabrikbesitzer (der späteren "Usine de Wecker") und liberaler Pionier des modernen Sozialstaates hatte er selber oft genug gegen eine Mentalität zu kämpfen, der jeder gesellschaftliche Fortschritt verdächtig war.

 

Nach "Handwierksmann" (1994) und "Villa Fina" (1995) ist "Rekes III." bereits das dritte Duchscher-Stück, das Jean-Paul Maes und Eva Paulin für ihr "Stengeforter Festival" ausgewählt haben. Das sommerliche Theaterereignis findet passenderweise in einem Gebäude aus der Frühzeit der luxemburgischen Industrialisierung statt: der zum Kulturzentrum umfunktionierten "Aler Schmelz" in Steinfort. "Bei unserem Festival, das 1997 zum sechsten Mal über die Bühne geht, wollen wir luxemburgische Stücke aus den Jahren 1859 bis 1940 zeigen", sagt Jean-Paul Maes. "Die meisten Autoren dieser Zeit, wie Duchscher, Batty Weber und Max Goergen, werden heute nämlich kaum noch aufgeführt."

 

Schwierige Gratwanderung

Duchschers Stücke sind sozial engagiert, auch wenn sie ihre Wurzeln im Volkstheater nie verleugnen. "War 'Villa Fina' ein Vaudeville in der Tradition etwa eines Feydeau, so könnte man 'Rekes III.' als eine Art Schwank bezeichnen", erklärt Maes. "Wenn man lacht, dann vor allem über die unglaublich dummen Aussagen der Hauptfigur - Gemeinplätze, die man durchaus auch heute noch zu hören bekommt."

 

Auch bei der dritten Duchscher-lnszenierung in Steinfort führt Eva Paulin wieder Regie. Probleme mit dem Stück habe sie in diesem Fall kaum gehabt, nur im dritten Akt habe sie etwas stärker eingreifen müssen. "Für Duchscher ist es typisch, daß irgendwo eine Rede auftaucht, in der der Autor seine weltanschaulichen Überzeugungen kundtut", sagt die Regisseurin. Wenn es eine solche "Gewerkschaftsrede" in "Rekes III." nicht gebe, dann wohl auch, weil die Hauptfigur eindeutig negativ gezeichnet sei. Duchschers Gratwanderung zwischen Schwank und politischem Lehrstück gelte es bei der Inszenierung nachzuvollziehen. Es lohne sich auf jeden Fall: "Rekes III." sei Volkstheater im besten Sinne des Wortes, meinen Jean-Paul Maes und Eva Paulin einhellig.

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